Wenn man in einer Woche Urlaub möglichst viel sehen und viele Fotos machen möchte, kommen schnell sehr viele Bilder zusammen – ausreichende Speicherkapazität vorausgesetzt. Dieser Artikel beschreibt, wie ich knapp 3000 Fotos aus einer Woche Urlaub (auf Teneriffa im Herbst 2008) systematisch verarbeitet habe, um im Internet eine übersichtliche Auswahl zeigen zu können.
Aktualisierung: Bei den nachfolgenden Reisen (UK 2009 und SG 2010) hat sich das ursprüngliche Verfahren allerdings nicht so richtig bewährt, weshalb ich es etwas allgemeiner formuliert und die zusätzlichen Erkenntnisse einfließen lassen habe.
Diese Liste zählt alle Gerätschaften und Werkzeuge auf, die ich für die Aufnahme und Vor-Ort-Verarbeitung derartiger Fotomengen verwende. Je nach persönlicher Ausstattung, Ansprüchen oder Vorhaben kann diese Liste natürlich anders ausfallen.
Seit Version 4 bietet Lightroom auch direkt Geotagging-Funktionen an, so dass ein separates Programm hier entfällt.
Insbesondere für das Geotagging der Fotos ist es besonders wichtig, die Uhrzeit der Kamera genau mit der GPS-Zeit zu synchronisieren. Hier kann es bei höheren Geschwindigkeiten auf wenige Sekunden ankommen. Ich hatte die Uhrzeit am ersten Tag z. B. noch nicht genau eingestellt und prompt hat mir die Software ein Foto eines Küstenabschnittes, das ich aus dem fahrenden Bus gemacht hatte, genau in einen kurzen Tunnel gelegt. Na, da war’s sicher nicht. Mit Google Earth konnte ich dann aber die richtige Stelle finden. Weit war sie nicht weg, die Uhr ging also schon ganz gut.
Um die Nachbearbeitung der Fotos zuhause zu vereinfachen, sollte man bereits während des Aufenthalts ein paar Dinge beachten:
Noch eine Anmerkung zur Datensicherung: Die beugt ja nicht nur Hardwaredefekten, sondern auch -verlusten vor. Sollte also das Notebook abhanden kommen, hat man zumindest noch eine Kopie der Fotos, die im Gegensatz zum Gerät selbst kaum ersetzbar sind. Außerdem sollte man Notebook und Backupmedium immer getrennt voneinander aufbewahren. Wenn man das Notebook nicht mit sich herumtragen möchte, nimmt man die Backup-Platte mit, und umgekehrt. Dadurch wird verhindert, dass ein Unglück an einem Ort die einzige Kopie der Bilder vernichtet. Heutzutage reicht für das Backup ja oft auch ein USB-Stick aus, der im Tagesgepäck nicht weiter stört.
Wieder zuhause beginnt die eigentliche Arbeit. Das Fotografieren im Urlaub hat noch viel Spaß gemacht, aber die Bilderflut nimmt einem zunächst jeden Überblick darüber, was man nun eigentlich gesehen hat, was nicht und welche Fotos was geworden sind. Jetzt ist ein strukturiertes Vorgehen besonders wichtig, um schnell zu Ergebnissen zu kommen.
Je nach verfügbarer Zeit kann man einige der Aufgaben bereits im Urlaub erledigen. Ich war abends aber immer unterwegs, um zu fotografieren und mir Dinge anzusehen. Auf dem Rückflug habe ich angefangen, die Fotos auf dem Notebook zu bearbeiten, aber die Qualität des Notebookbildschirms ist doch so schlecht, dass ich die Arbeit am PC nochmal machen musste. D. h. das Dokumentieren und aussortieren der Bilder geht, aber zum Nachbearbeiten braucht man einen „großen“ Bildschirm.
Meine Urlaubsaufnahmen, anhand derer dieser Leitfaden entstand, sind geprägt von einerseits Aufnahmen aus einem fahrenden Bus, gelegentlichen Fotostopps zum Aussteigen (hier habe ich viele Panorama-Aufnahmen gemacht, um schnell einen großen Blickwinkel abzudecken) und andererseits Nachtaufnahmen in der Fußgängerzone oder von Wellen am Strand, die mehr oder weniger stark ausgeprägt waren. In beiden Fällen ließ sich ein Bild nur selten sorgfältig im Voraus planen, weshalb hier Schnappschüsse dominieren, von denen naturgemäß viel aussortiert wird. Insbesondere nachts muss man einige Bilder machen, um die beste Belichtung für die Nachbearbeitung zu finden.
Zuerst findet die grobe Vorauswahl statt, um die Bilderflut rasch einzudämmen:
Dann werden mehrteilige Aufnahmen (Panoramen und HDR-Bilder) behandelt:
Noch ein Hinweis zum Zusammensetzen von Bildern in externen Programmen: Um unkorrigierbare Fehler zu vermeiden, sollten Objektivkorrekturen bereits vor dem Exportieren auf die Einzelbilder angewendet werden. Dazu gehören die CA-Korrektur (siehe Bildbearbeitung unten) und falls nötig auch geometrische Korrekturen (Verzerrungen usw.). Beim JPEG- oder TIFF-Export werden diese Bearbeitungen bereits angewendet. Wenn Photoshop verwendet wird, um HDR-Bilder zu kombinieren, müssen vor der externen Bearbeitung die Metadaten synchronisiert werden. Dabei wird neben der RAW-Datei eine .xmp-Datei angelegt, die Photoshop beim Laden des RAW-Bilds beachtet. Beim vorherigen Geotagging mit GeoSetter wurde diese xmp-Datei bereits angelegt. Bei Verwendung von DNG-Dateien können diese Bearbeitungen direkt in der Negativdatei gespeichert werden.
Danach kann man bereits damit anfangen, die Bilder für eine Auswahl vorzubereiten:
Zu diesem Zeitpunkt hat man bereits eine gewisse Ordnung in die Bilderflut gebracht: Alles, was man nicht gebrauchen kann, ist ausgeblendet, alle mehrteiligen Bilder sind zusammengesetzt und die zur Filterung relevanten Metadaten sind gesetzt.
Jetzt fehlt noch die Bewertung der Bilder, um eine Priorisierung vornehmen zu können. Abschließend kann man die verbleibenden und interessanten Bilder dokumentieren und nachbearbeiten (siehe unten).
Zur Bewertung der Bilder sollte man sich ungefähre Zielvorgaben festlegen, die den Umfang beschreiben, den man für eine bestimmte Bewertung haben möchte. Ich habe diese Werte verwendet und sie auch gut eingehalten:
Diese Zahlen sind nur grobe Richtwerte! Je nach Schnappschussanteil kann die Ausbeute auch deutlich höher liegen. Letztlich muss man sich aber im Klaren darüber sein, dass man sich später vielleicht nicht hunderte von Fotos einer Reise anschauen möchte.
Zur Bewertung der Bilder kann man sich für jeden Durchlauf grob ausrechnen, jedes wievielte Foto durchschnittlich die bessere Bewertung erhält. Des Weiteren kann man sich zur Bewertung eines Fotos an folgenden Bedingungen orientieren:
Bilder müssen also mindestens 3 Sterne erreichen, um überhaupt mal öffentlich hergezeigt zu werden.
Tipp: Damit es schneller geht, kann man zum Bewerten mit Sternen die Zifferntaste auf der Tastatur drücken, die der Sternezahl entspricht. 0 für keine, 1 für einen, 2 für zwei usw. Mit den Pfeiltasten links und rechts wechselt man dann schnell zum vorherigen bzw. nächsten Bild in der aktuellen Auswahl.
Erst jetzt ist es sinnvoll, Fotos nachzubearbeiten (siehe unten) und auf breiter Front zu dokumentieren. Möchte man die Fotos z. B. in einer Web-Galerie veröffentlichen, filtert man nach allen Bildern mit mindestens 4 Sternen. Das sind deutlich weniger als noch zu Beginn, und man sieht bereits nur noch die besseren Fotos. Für eine kommentierte Diashow wählt man Bilder mit mindestens 3 Sternen aus, hier ist aber keine so formelle Dokumentation mehr erforderlich. Für eine Diashow empfiehlt es sich sowieso, die Bilder nicht chronologisch, sondern thematisch zu sortieren, wobei die Schlagwörter weiterhelfen können.
Ein Hinweis vorweg: Damit die Bilder während der Bearbeitung richtig angezeigt werden, sollte der Bildschirm grundlegend kalibriert sein. Dazu habe ich eine einfache Anleitung zur Bildschirmkalibrierung mit Testbildern und ein paar Hintergrundinformationen erstellt. Diese Anleitung deckt aber nur die Helligkeitsverteilung ab, nicht den Farbraum. Insbesondere die in letzter Zeit verbreiteten Bildschirme mit „erweitertem Farbumfang“ (wide gamut) sind mit äußerster Vorsicht zu genießen, sowohl zum Bearbeiten als auch zum Ansehen der Bilder! Ansonsten ist ein ordentlich kalibrierter Bildschirm für sRGB natürlich immer eine gute Voraussetzung, um unerwartete Ergebnisse auf anderen Geräten oder auch für den Druck zu vermeiden.
Wenn man viele Fotos nachbearbeiten will, sollte man auch hier nach einem Schema vorgehen, um möglichst effizient zu guten Ergebnissen zu kommen. Die Reihenfolge der Einstellungen in Lightroom hat sich im Nachhinein nicht als sehr praktikabel herausgestellt, auch weil man gelegentlich immer wieder an anderen Reglern nachjustieren muss.
Zuerst kann man die technischen Details korrigieren, die durch Kamera und Objektiv verursacht werden. Man sieht sie zwar nur in der Detailansicht oder in großformatigen Drucken, aber sie sind oft schnell eingestellt und dann muss man sich später nicht mehr darum kümmern. Diese Schritte sollten übrigens auch vor dem Export jedes einzelnen Bilds einer mehrteiligen Aufnahme durchgeführt werden. Das Bildrauschen wird beim Zusammensetzen von Aufnahmen stellenweise sowieso implizit reduziert und CA-Fehler führen zu bunten Kanten in HDR-Bildern.
Um nicht jedes einzelne Bild anfassen zu müssen, kann man auch eine Abkürzung über die Massenverarbeitung nehmen: Mithilfe der Filtereinstellung kann man alle Bilder mit bestimmten Objektiven, Brennweiten oder ISO-Einstellungen finden. Die oben beschriebenen Bearbeitungen werden dann nur beim ersten gefundenen Bild vorgenommen. Anschließend lassen sich die relevanten Entwicklungseinstellungen von diesem Bild kopieren und in alle Bilder der Auswahl einfügen. Alle Bilder mit ISO 100 bis 400 bekommen z. B. die Farbrauschkorrektur 5, ISO 800 den Wert 15 und für höhere ISO-Werte bleibt die 25 stehen.
Jetzt ist die eigentliche Bildbearbeitung dran. Die ist nur für einteilige und zusammengesetzte Aufnahmen fällig. Mehrteilige Aufnahmen sollten vor dem Zusammensetzen nicht unnötig angefasst werden, da die Programme damit nicht rechnen. Höchstens bei Panoramen kann eine Belichtungskorrektur vorab helfen.
Ich finde nur selten gleich beim ersten Mal die perfekten Einstellungen für die Bearbeitung eines Fotos. Wenn ich ein Foto das erste Mal anfasse, verbessert sich das Erscheinungsbild, Farben und Kontrast zwar normalerweise deutlich (wenn die Kamera nicht bereits besonders gute Ergebnisse geliefert hat, was ab und zu vorkommt). Aber meistens schaue ich mir die besten Bilder über die folgenden Tage noch mehrmals an, um die Bearbeitung zu verfeinern und weiter zu verbessern. Mit anderem Umgebungslicht an meinem Schreibtisch, mit einem anderen Blick am nächsten Tag und auch nach etwas Gewöhnung an die Ergebnisse des Vortags traue ich mich oft, die Bearbeitung ein bisschen intensiver einzustellen. Im Vorher-Nachher-Vergleich dieser kleinen Änderung erkenne ich dann oft, dass sich das Bild nochmal ein bisschen verbessert hat. Deshalb veröffentliche ich auch selten Bilder noch am Tag der Aufnahme. Oft vergeht etwa eine Woche, bis ich erste Ergebnisse zeigen will. Das kostet zwar zusätzliche Zeit, aber die ist es mir wert. Und manchmal ändere ich in dieser Phase auch nochmal die Bewertung eines Bilds, wenn es mir schon nach wenigen Tagen nicht mehr so recht gefällt.
Diese Arbeitsschritte bis zur Bearbeitung und Dokumentation aller Bilder mit 4 oder 5 Sternen (etwas über 100 Bilder) haben in meinem Fall neben einer normalen 40-Stunden-Arbeitswoche und ein paar anderen Tätigkeiten knapp 2 Wochen gedauert. Je nach Erfahrung im Umgang mit der Software und Anspruch in Bezug auf die Qualität und Vollständigkeit kann der Zeitaufwand aber auch deutlich davon abweichen. Für mich hat sich die Arbeit auf jeden Fall gelohnt: Ich konnte auf meiner Website eine repräsentative Auswahl der besten Fotos meines Aufenthalts zeigen, die gut dokumentiert sind, und ich habe bereits fast alle Vorbereitungen für eine Diashow erledigt, sollte ich sowas mal machen.
Letztlich zahlt sich der Aufwand, seine Bilder ordentlich zu organisieren, aber erst irgendwann später aus, wenn man etwas bestimmtes sucht oder eine Auswahl zusammenstellen will, um sie zu präsentieren. Erst durch diese Organisation werden die Bilder überhaupt zugänglich. Denn was nützen einem 3000 Bilder, wenn man die besten davon nicht mehr findet.