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Wie organisiert man 3000 Fotos?

Wenn man in einer Woche Urlaub möglichst viel sehen und viele Fotos machen möchte, kommen schnell sehr viele Bilder zusammen – ausreichende Speicherkapazität vorausgesetzt. Dieser Artikel beschreibt, wie ich knapp 3000 Fotos aus einer Woche Urlaub (auf Teneriffa im Herbst 2008) systematisch verarbeitet habe, um im Internet eine übersichtliche Auswahl zeigen zu können.

Aktualisierung: Bei den nachfolgenden Reisen (UK 2009 und SG 2010) hat sich das ursprüngliche Verfahren allerdings nicht so richtig bewährt, weshalb ich es etwas allgemeiner formuliert und die zusätzlichen Erkenntnisse einfließen lassen habe.

Vorbereitungen zuhause

Diese Liste zählt alle Gerätschaften und Werkzeuge auf, die ich für die Aufnahme und Vor-Ort-Verarbeitung derartiger Fotomengen verwende. Je nach persönlicher Ausstattung, Ansprüchen oder Vorhaben kann diese Liste natürlich anders ausfallen.

  • Hardware: Digitalkamera, Notebook, Kartenleser, GPS-Logger, externe Backup-Festplatte (optional)
  • Software: Adobe Lightroom, ggf. Geotagging-Software (z. B. GeoSetter)
  • Zubehör nicht vergessen: Alle benötigten Verbindungskabel, Akkus, Ladegerät/Netzteil, USB-Maus, Transportverpackung

Seit Version 4 bietet Lightroom auch direkt Geotagging-Funktionen an, so dass ein separates Programm hier entfällt.

Insbesondere für das Geotagging der Fotos ist es besonders wichtig, die Uhrzeit der Kamera genau mit der GPS-Zeit zu synchronisieren. Hier kann es bei höheren Geschwindigkeiten auf wenige Sekunden ankommen. Ich hatte die Uhrzeit am ersten Tag z. B. noch nicht genau eingestellt und prompt hat mir die Software ein Foto eines Küstenabschnittes, das ich aus dem fahrenden Bus gemacht hatte, genau in einen kurzen Tunnel gelegt. Na, da war’s sicher nicht. Mit Google Earth konnte ich dann aber die richtige Stelle finden. Weit war sie nicht weg, die Uhr ging also schon ganz gut.

Während des Urlaubs

Um die Nachbearbeitung der Fotos zuhause zu vereinfachen, sollte man bereits während des Aufenthalts ein paar Dinge beachten:

  • Beschreibende Schilder (Verkehrs-/Ortsschilder, Infotafeln) einfach abfotografieren, bei kleinen Texten näher ranholen
  • Einzelne Notizen der Erklärungen eines Reiseführers auf einem kleinen Notizblock machen
  • Täglich (oder gelegentlich öfter) Fotos aus der Kamera laden und GPS-Logger auslesen
  • Fotos in ein Verzeichnis pro Tag kopieren. Eine Benennung in der Art „20081013“ (J-M-T) führt automatisch zur richtigen chronologischen Sortierung der Ordner.
  • (Nicht für Lightroom 4+) Fotos mit Geotagging-Software synchronisieren. Bei Aufenthalt in einer anderen Zeitzone muss man besonders auf die Zeitangaben achten. Am besten, man stellt die Uhrzeit in der Kamera nur tagesweise ein (um Zeitüberschneidungen der Aufnahmen zu vermeiden), richtet die Zeitzoneneinstellung in Windows danach und verwendet in GeoSetter immer die Option „Systemzeitzone verwenden“, wenn man die Bilder noch am selben Tag verarbeitet.
  • Fotos in Lightroom importieren (ggf. erst nach der Georeferenzierung, um zusätzliche Arbeit zu vermeiden)
  • (Nur für Lightroom 4+) Fotos mit GPX-Datei aus dem GPS-Logger synchronisieren
  • Während des Imports schonmal über alle Fotos drüberschauen
  • Fotos eines größeren Ereignisses (Ausflug etc.) mit Lightroom in eigenen Unterordner verschieben, am besten eine laufende Nummer davor, um die zeitliche Reihenfolge zu wahren (z. B. „1 Loro Parque“)
  • Inkrementelle Datensicherung auf externe Festplatte
  • Abschließend die Speicherkarte in der Kamera formatieren

Noch eine Anmerkung zur Datensicherung: Die beugt ja nicht nur Hardwaredefekten, sondern auch -verlusten vor. Sollte also das Notebook abhanden kommen, hat man zumindest noch eine Kopie der Fotos, die im Gegensatz zum Gerät selbst kaum ersetzbar sind. Außerdem sollte man Notebook und Backupmedium immer getrennt voneinander aufbewahren. Wenn man das Notebook nicht mit sich herumtragen möchte, nimmt man die Backup-Platte mit, und umgekehrt. Dadurch wird verhindert, dass ein Unglück an einem Ort die einzige Kopie der Bilder vernichtet. Heutzutage reicht für das Backup ja oft auch ein USB-Stick aus, der im Tagesgepäck nicht weiter stört.

Nach dem Urlaub

Wieder zuhause beginnt die eigentliche Arbeit. Das Fotografieren im Urlaub hat noch viel Spaß gemacht, aber die Bilderflut nimmt einem zunächst jeden Überblick darüber, was man nun eigentlich gesehen hat, was nicht und welche Fotos was geworden sind. Jetzt ist ein strukturiertes Vorgehen besonders wichtig, um schnell zu Ergebnissen zu kommen.

Je nach verfügbarer Zeit kann man einige der Aufgaben bereits im Urlaub erledigen. Ich war abends aber immer unterwegs, um zu fotografieren und mir Dinge anzusehen. Auf dem Rückflug habe ich angefangen, die Fotos auf dem Notebook zu bearbeiten, aber die Qualität des Notebookbildschirms ist doch so schlecht, dass ich die Arbeit am PC nochmal machen musste. D. h. das Dokumentieren und aussortieren der Bilder geht, aber zum Nachbearbeiten braucht man einen „großen“ Bildschirm.

Meine Urlaubsaufnahmen, anhand derer dieser Leitfaden entstand, sind geprägt von einerseits Aufnahmen aus einem fahrenden Bus, gelegentlichen Fotostopps zum Aussteigen (hier habe ich viele Panorama-Aufnahmen gemacht, um schnell einen großen Blickwinkel abzudecken) und andererseits Nachtaufnahmen in der Fußgängerzone oder von Wellen am Strand, die mehr oder weniger stark ausgeprägt waren. In beiden Fällen ließ sich ein Bild nur selten sorgfältig im Voraus planen, weshalb hier Schnappschüsse dominieren, von denen naturgemäß viel aussortiert wird. Insbesondere nachts muss man einige Bilder machen, um die beste Belichtung für die Nachbearbeitung zu finden.

Grobe Vorauswahl

Zuerst findet die grobe Vorauswahl statt, um die Bilderflut rasch einzudämmen:

  • Fotos aussortieren (schwarze Flagge in Lightroom), die offensichtlich nichts geworden sind (falsch fokussiert/belichtet, verwackelt, Laternenpfahl ins Bild gesprungen usw.) und von denen es bessere Versionen gibt. Oft bleibt während dem Fotografieren keine Zeit, solche Fehlaufnahmen gleich in der Kamera zu löschen. Wenn man den Fehler aber bemerkt, kann man schnell noch ein zweites Bild „hinterher schießen“. Um diese Bilder auszublenden, filtert man nach Bildern ohne oder mit weißer Flagge (Flagged and unflagged photos).
  • Fotos markieren: Durch Scheibe fotografiert (erfordert ggf. Reparatur), Teil eines Panoramas, Teil einer HDR-Belichtungsreihe, Schild/Beschriftung. In Lightroom bieten sich für diesen Zweck die Farbmarkierungen an. Wenn man den Farben auch beschreibende Namen zuweisen möchte, muss man das unbedingt tun, bevor man die Markierung auf ein Foto anwendet. (Menü: Metadata, Color Label Set, Edit...)

Dann werden mehrteilige Aufnahmen (Panoramen und HDR-Bilder) behandelt:

  • Einzelbilder der Panoramen bearbeiten (siehe unten) und in ein Verzeichnis auf der Festplatte exportieren. Dafür ist ein eigenes Export-Preset in Lightroom sehr praktisch. Mit etwas Erfahrung oder einer ungefähren Einschätzung kann man sich überlegen, ob man jedes Panorama zusammensetzt oder sich erstmal nur die interessanten raussucht.
  • Panoramen mit separatem Programm zusammensetzen (z. B. Photoshop oder autostitch), ggf. EXIF/GPS-Tag vom ersten Teilbild kopieren (mit Geotagging-Software), fertiges Bild wieder ins Ursprungsverzeichnis kopieren und in Lightroom importieren. Panorama-Aufnahmen kann man jetzt schnell anhand der Markierung finden.
  • Ebenso HDR-Aufnahmen bearbeiten (siehe unten), exportieren, mit separatem Programm zusammensetzen (z. B. Photoshop oder Photomatix), geotaggen und importieren. Auch hier kann man sich zunächst auf die interessantesten Bilder konzentrieren.
  • Fotos mit der Markierung Panorama-Set, HDR-Set und Schild können jetzt ausgeblendet werden. Dazu filtert man nach Bildern ohne Markierung (schwarzes Kästchen) oder der Scheibe-Markierung (beide auswählen).

Noch ein Hinweis zum Zusammensetzen von Bildern in externen Programmen: Um unkorrigierbare Fehler zu vermeiden, sollten Objektivkorrekturen bereits vor dem Exportieren auf die Einzelbilder angewendet werden. Dazu gehören die CA-Korrektur (siehe Bildbearbeitung unten) und falls nötig auch geometrische Korrekturen (Verzerrungen usw.). Beim JPEG- oder TIFF-Export werden diese Bearbeitungen bereits angewendet. Wenn Photoshop verwendet wird, um HDR-Bilder zu kombinieren, müssen vor der externen Bearbeitung die Metadaten synchronisiert werden. Dabei wird neben der RAW-Datei eine .xmp-Datei angelegt, die Photoshop beim Laden des RAW-Bilds beachtet. Beim vorherigen Geotagging mit GeoSetter wurde diese xmp-Datei bereits angelegt. Bei Verwendung von DNG-Dateien können diese Bearbeitungen direkt in der Negativdatei gespeichert werden.

Vorbereitung zur Auswahl

Danach kann man bereits damit anfangen, die Bilder für eine Auswahl vorzubereiten:

  • Schlagwörter (Keywords) anlegen und Fotos zuordnen. Dazu schaut man am besten alle Fotos durch und notiert neue Schlagwörter, die einem sinnvoll erscheinen. In jedem weiteren Durchlauf sollte man dann nur ein bis zwei Schlagwörter suchen und den Bildern zuweisen, ggf. neue Schlagwörter hinzufügen und in einem weiteren Durchlauf zuweisen. Schlagwörter sollte man z. B. für Motive anlegen, die immer wiederkehren, die man in einer Auswahl gemeinsam sehen wollen könnte und die nicht anhand anderer Merkmale wie örtlicher oder zeitlicher Nähe gruppierbar sind. Auch zusammengesetzte Panoramen könnte man mit einem eigenen Schlagwort kennzeichnen.
  • GPS-Koordinaten der Fotos anhand einer Karte prüfen und ggf. korrigieren. In der Regel hat man unterwegs keinen Internetzugang und damit auch keine detaillierten Karten, auf denen man die Bildkoordinaten visualisieren könnte. Die Korrektur der Positionen könnte bei schlechtem GPS-Empfang und ungenauen Positionen notwendig sein, oder wenn man den GPS-Logger bei Rundgängen im Bus liegen gelassen hat...
  • Um im Folgenden mehrere Aufnahmen vom selben Motiv an verschiedenen Tagen vergleichen zu können, empfiehlt sich das temporäre Zusammenfassen in der Quick Collection. Hier kann man auch die Bilder aus mehreren einzelnen Filteransichten zusammenfassen und anschließend einzelne Bilder zur besseren Übersicht wieder entfernen. Eine GPS-Umgebungssuche (Lr-Plugin) kann hilfreich sein.
  • Nebenbei kann man bei Bedarf einzelne Fotos nachbearbeiten, um sie besser beurteilen zu können (Belichtung usw.), oder dokumentieren (Titel, Beschreibung, auch von Notizen und ausgeblendeten Schildern; Ortsangabe).

Zu diesem Zeitpunkt hat man bereits eine gewisse Ordnung in die Bilderflut gebracht: Alles, was man nicht gebrauchen kann, ist ausgeblendet, alle mehrteiligen Bilder sind zusammengesetzt und die zur Filterung relevanten Metadaten sind gesetzt.

Bewertung

Richtlinien

Jetzt fehlt noch die Bewertung der Bilder, um eine Priorisierung vornehmen zu können. Abschließend kann man die verbleibenden und interessanten Bilder dokumentieren und nachbearbeiten (siehe unten).

Zur Bewertung der Bilder sollte man sich ungefähre Zielvorgaben festlegen, die den Umfang beschreiben, den man für eine bestimmte Bewertung haben möchte. Ich habe diese Werte verwendet und sie auch gut eingehalten:

  • 2 Sterne: ca. 25 % aller Bilder
  • 3 Sterne: 10 % aller Bilder
  • 4 Sterne: 3 % aller Bilder
  • 5 Sterne: 1 % aller Bilder, also ungefähr 20-30 Bilder

Diese Zahlen sind nur grobe Richtwerte! Je nach Schnappschussanteil kann die Ausbeute auch deutlich höher liegen. Letztlich muss man sich aber im Klaren darüber sein, dass man sich später vielleicht nicht hunderte von Fotos einer Reise anschauen möchte.

Zur Bewertung der Bilder kann man sich für jeden Durchlauf grob ausrechnen, jedes wievielte Foto durchschnittlich die bessere Bewertung erhält. Des Weiteren kann man sich zur Bewertung eines Fotos an folgenden Bedingungen orientieren:

  • 3 Sterne = Diashow: Hier sollten alle nennenswerten Ereignisse/Motive mit mindestens einem Bild vertreten sein.
  • 4 Sterne = Web-Galerie: Hier müssen nicht mehr alle Ereignisse vorkommen.

Bilder müssen also mindestens 3 Sterne erreichen, um überhaupt mal öffentlich hergezeigt zu werden.

Tipp: Damit es schneller geht, kann man zum Bewerten mit Sternen die Zifferntaste auf der Tastatur drücken, die der Sternezahl entspricht. 0 für keine, 1 für einen, 2 für zwei usw. Mit den Pfeiltasten links und rechts wechselt man dann schnell zum vorherigen bzw. nächsten Bild in der aktuellen Auswahl.

Arbeitsschritte

  • Alle noch nicht ausgeblendeten Fotos bewerten:
    • 1 Stern = „muss man nicht zeigen/gesehen haben, gibt’s nichts zu zu sagen, enthält eigentlich nichts Sehenswertes oder z. B. deutlich sichtbare Spiegelungen“,
    • 2 Sterne = besser.
    Alle jetzt noch nicht ausgefilterten Bilder bekommen mindestens einen Stern. Was danach noch nicht bewertet ist, ist entweder gleich zu Beginn aussortiert worden (schwarze Flagge) oder ein Teil eines zusammengesetzten Bilds, den man sich nicht einzeln anschauen möchte. Als Prüfkriterium sollten keine Bilder existieren, die eine schwarze Flagge oder eine der Markierungen Panorama-Teil, HDR-Teil oder Schild/Beschriftung haben und gleichzeitig mit Sternen bewertet wurden. (Ausnahmen können HDR- oder Panoramateile darstellen, die doch einzeln verwendet werden sollen, mglw. weil das Zusammensetzen nicht funktioniert oder nicht den gewünschten Effekt liefert.)
  • Fotos, die mind. 2 Sterne haben, erneut bewerten:
    • 2 Sterne = „hat einen Wert“,
    • 3 Sterne = „sehenswert“.
    Dafür sollte man die Filteransicht so einstellen, dass man nur noch solche Fotos (mind. 2 Sterne) sieht.
  • Fotos, die mind. 3 Sterne haben, erneut bewerten:
    • 4 Sterne = „sehenswerter“...
    Hier helfen die Mengen-Zielvorgaben zur Auswahl weiter.
  • Nach jeder Bewertungsrunde alle Fotos mit der neuen Mindestwertung durchschauen: Fehlt ein bestimmtes Motiv? Sind Motive mehrfach ausgewählt? (Dann reicht nach einem direkten Vergleich möglicherweise auch eins davon.) Verdient ein Foto die neue Wertung im direkten Vergleich doch nicht so recht?
  • Fotos, die mind. 4 Sterne haben, erneut bewerten:
    • 5 Sterne = „muss man gesehen haben“.
    Auch hier sollte man wieder auf die Zielvorgabe achten.

Erst jetzt ist es sinnvoll, Fotos nachzubearbeiten (siehe unten) und auf breiter Front zu dokumentieren. Möchte man die Fotos z. B. in einer Web-Galerie veröffentlichen, filtert man nach allen Bildern mit mindestens 4 Sternen. Das sind deutlich weniger als noch zu Beginn, und man sieht bereits nur noch die besseren Fotos. Für eine kommentierte Diashow wählt man Bilder mit mindestens 3 Sternen aus, hier ist aber keine so formelle Dokumentation mehr erforderlich. Für eine Diashow empfiehlt es sich sowieso, die Bilder nicht chronologisch, sondern thematisch zu sortieren, wobei die Schlagwörter weiterhelfen können.

Bildbearbeitung

Bildschirm

Ein Hinweis vorweg: Damit die Bilder während der Bearbeitung richtig angezeigt werden, sollte der Bildschirm grundlegend kalibriert sein. Dazu habe ich eine einfache Anleitung zur Bildschirmkalibrierung mit Testbildern und ein paar Hintergrundinformationen erstellt. Diese Anleitung deckt aber nur die Helligkeitsverteilung ab, nicht den Farbraum. Insbesondere die in letzter Zeit verbreiteten Bildschirme mit „erweitertem Farbumfang“ (wide gamut) sind mit äußerster Vorsicht zu genießen, sowohl zum Bearbeiten als auch zum Ansehen der Bilder! Ansonsten ist ein ordentlich kalibrierter Bildschirm für sRGB natürlich immer eine gute Voraussetzung, um unerwartete Ergebnisse auf anderen Geräten oder auch für den Druck zu vermeiden.

Automatische Korrekturen

Wenn man viele Fotos nachbearbeiten will, sollte man auch hier nach einem Schema vorgehen, um möglichst effizient zu guten Ergebnissen zu kommen. Die Reihenfolge der Einstellungen in Lightroom hat sich im Nachhinein nicht als sehr praktikabel herausgestellt, auch weil man gelegentlich immer wieder an anderen Reglern nachjustieren muss.

Zuerst kann man die technischen Details korrigieren, die durch Kamera und Objektiv verursacht werden. Man sieht sie zwar nur in der Detailansicht oder in großformatigen Drucken, aber sie sind oft schnell eingestellt und dann muss man sich später nicht mehr darum kümmern. Diese Schritte sollten übrigens auch vor dem Export jedes einzelnen Bilds einer mehrteiligen Aufnahme durchgeführt werden. Das Bildrauschen wird beim Zusammensetzen von Aufnahmen stellenweise sowieso implizit reduziert und CA-Fehler führen zu bunten Kanten in HDR-Bildern.

  1. Rauschreduktion: Je nach ISO-Empfindlichkeit und nachträglicher Aufhellung sind für die Reduktion des Farbrauschens Werte zwischen 3 und 20 sinnvoll. Bis ISO 400 ohne starke nachträgliche Aufhellung kann ein Wert von 3 bis 6 gut funktionieren. Zu hohe Werte (Voreinstellung: 25) verwischen kleine Farbstrukturen, was auf größerformatigen Darstellungen/Ausdrucken durchaus einen merklichen Unterschied machen kann. Zur Kontrolle der Rauschreduktion ist die Vergrößerung 3:1 (300 %) nützlich; am besten sieht man den Effekt in halbdunklen Bereichen oder Schatten.
  2. Chromatische Aberration (CA): Manche Objektive neigen im Weitwinkelbereich zu starker CA, die korrigiert werden muss. Hier hilft nur Ausprobieren, die Werte sind aber für ein Objektiv und einen Brennweitenbereich wiederverwendbar, nach einer Weile kennt man sie schon und kann sie auch halbwegs blind einstellen. Am besten sieht man den Effekt in den Ecken an Kontrastgrenzen, die senkrecht zu einer gedachten Linie zur Bildmitte verlaufen, z. B. weiße Häuserkanten oder Pflastersteine auf dem Boden. Weniger geeignet sind Äste gegen einen sehr hellen Himmel: der Blaustich dort lässt sich nicht vollständig entfernen. Manchmal muss zuerst die Farbrauschreduktion zurückgefahren werden, um eine Korrektur der CA-Effekte besser beurteilen zu können.
    In Lightroom 4 ist die CA-Korrektur noch einfacher: Hier muss nur ein Häkchen gesetzt werden und das Programm macht automatisch das Richtige™.

Um nicht jedes einzelne Bild anfassen zu müssen, kann man auch eine Abkürzung über die Massenverarbeitung nehmen: Mithilfe der Filtereinstellung kann man alle Bilder mit bestimmten Objektiven, Brennweiten oder ISO-Einstellungen finden. Die oben beschriebenen Bearbeitungen werden dann nur beim ersten gefundenen Bild vorgenommen. Anschließend lassen sich die relevanten Entwicklungseinstellungen von diesem Bild kopieren und in alle Bilder der Auswahl einfügen. Alle Bilder mit ISO 100 bis 400 bekommen z. B. die Farbrauschkorrektur 5, ISO 800 den Wert 15 und für höhere ISO-Werte bleibt die 25 stehen.

Individuelle Bearbeitung

Jetzt ist die eigentliche Bildbearbeitung dran. Die ist nur für einteilige und zusammengesetzte Aufnahmen fällig. Mehrteilige Aufnahmen sollten vor dem Zusammensetzen nicht unnötig angefasst werden, da die Programme damit nicht rechnen. Höchstens bei Panoramen kann eine Belichtungskorrektur vorab helfen.

  1. Ausschnitt/Drehung: Unwesentliche Bildbereiche wegschneiden, ggf. auch die Ausrichtung ändern (Hoch-/Querformat). Ist ein Horizont sichtbar oder sind senkrechte Linien in der Bildmitte vorhanden, sollte man die Drehung des Bilds prüfen und ggf. korrigieren.
  2. Weißabgleich: Gerade bei Bildern, die durch stark getönte Busscheiben (Wärmeschutzglas) aufgenommen wurden, müssen Farbtemperatur und Farbton deutlich nach oben gedreht werden. Bei Nachtaufnahmen ist das Licht von Straßenlaternen dagegen oft zu warm. Auch ein rötlicher Sternenhimmel wird dadurch wieder blau. Durch den Weißabgleich kann auch die Lichtstimmung eines Bilds verändert werden. Erscheint das Bild nach Sonnenuntergang noch in warmen Farben, war es tatsächlich aber eher kalt, kann man auch etwas kühlere Farben einstellen. Wärmere Farben lassen im Gegensatz auch an etwas wolkigeren Tagen ein bisschen die Sonne scheinen. (Vorsicht: Da die Schatten fehlen, bemerkt man dennoch, dass die Sonne nicht geschienen hat.)
  3. Belichtung/Kontrast/Klarheit/Farben: Hier kann man die Belichtung des Bilds so anpassen, dass das interessante Motiv korrekt belichtet ist oder dass sehr große Kontrastumfänge komprimiert werden. Bei Nachtaufnahmen lässt sich mit maximaler Klarheit das Überstrahlen von Lichtquellen reduzieren – auf Kosten der Farbintensität, wo relevant. Die Farbintensität muss nach Kontraständerungen gelegentlich angepasst (meist etwas reduziert) werden.
    Tipp: Anstelle des Kontrast-Reglers verwende ich oft die vier Regler im Abschnitt Gradationskurve: Lichter, Helle Mitteltöne, Dunkle Mitteltöne und Tiefen. Helle Mitteltöne auf +10 und Dunkle Mitteltöne auf -10 führt meist auch schon zu einem guten Ergebnis, die einzelnen Helligkeiten im Bild lassen sich aber gezielter betonen. Durch Anhebung der Lichter werden z. B. auch Wolken wieder weiß.
  4. Durch übermäßige Erhöhung des Kontrasts, der Klarheit, der Farbintensität oder durch leichtes Verschieben von Farbtönen (insbesondere beim Himmel) können künstlerische Effekte erzielt werden, die ein Bild noch eindrucksvoller werden lassen.
  5. Manchmal ist es auch interessant, ein Bild absichtlich unter- oder überzubelichten, wenn es der Stimmung dienlich ist. Auch das Entfernen einzelner (oder aller bis auf einzelne) Farbtöne kann hervorhebende Effekte haben. In jedem Fall sollte man aber darauf achten, den vollen Helligkeitsumfang im Histogramm auszunutzen, damit das Bild nicht generell zu dunkel oder zu hell wirkt. Ausnahmen sind nur Motive, die tatsächlich einen geringen Kontrastumfang aufweisen, wie bei Nebel. Sonnenschein und Schatten gehören aber jeweils ans obere und untere Ende der möglichen Helligkeit.

Nachbearbeitung

Ich finde nur selten gleich beim ersten Mal die perfekten Einstellungen für die Bearbeitung eines Fotos. Wenn ich ein Foto das erste Mal anfasse, verbessert sich das Erscheinungsbild, Farben und Kontrast zwar normalerweise deutlich (wenn die Kamera nicht bereits besonders gute Ergebnisse geliefert hat, was ab und zu vorkommt). Aber meistens schaue ich mir die besten Bilder über die folgenden Tage noch mehrmals an, um die Bearbeitung zu verfeinern und weiter zu verbessern. Mit anderem Umgebungslicht an meinem Schreibtisch, mit einem anderen Blick am nächsten Tag und auch nach etwas Gewöhnung an die Ergebnisse des Vortags traue ich mich oft, die Bearbeitung ein bisschen intensiver einzustellen. Im Vorher-Nachher-Vergleich dieser kleinen Änderung erkenne ich dann oft, dass sich das Bild nochmal ein bisschen verbessert hat. Deshalb veröffentliche ich auch selten Bilder noch am Tag der Aufnahme. Oft vergeht etwa eine Woche, bis ich erste Ergebnisse zeigen will. Das kostet zwar zusätzliche Zeit, aber die ist es mir wert. Und manchmal ändere ich in dieser Phase auch nochmal die Bewertung eines Bilds, wenn es mir schon nach wenigen Tagen nicht mehr so recht gefällt.

Zeitaufwand

Diese Arbeitsschritte bis zur Bearbeitung und Dokumentation aller Bilder mit 4 oder 5 Sternen (etwas über 100 Bilder) haben in meinem Fall neben einer normalen 40-Stunden-Arbeitswoche und ein paar anderen Tätigkeiten knapp 2 Wochen gedauert. Je nach Erfahrung im Umgang mit der Software und Anspruch in Bezug auf die Qualität und Vollständigkeit kann der Zeitaufwand aber auch deutlich davon abweichen. Für mich hat sich die Arbeit auf jeden Fall gelohnt: Ich konnte auf meiner Website eine repräsentative Auswahl der besten Fotos meines Aufenthalts zeigen, die gut dokumentiert sind, und ich habe bereits fast alle Vorbereitungen für eine Diashow erledigt, sollte ich sowas mal machen.

Letztlich zahlt sich der Aufwand, seine Bilder ordentlich zu organisieren, aber erst irgendwann später aus, wenn man etwas bestimmtes sucht oder eine Auswahl zusammenstellen will, um sie zu präsentieren. Erst durch diese Organisation werden die Bilder überhaupt zugänglich. Denn was nützen einem 3000 Bilder, wenn man die besten davon nicht mehr findet.

Hier geht es weiter zu den Bildern: